28.12.2011

Deutsch-polnische Beziehungen 2

Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen
Mittelalter



Zur Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen 
von den Anfängen bis zum 20. Jahrhundert – ein Überblick
B. Seidel-Dreffke


1. Einführung
2. Mittelalter
3. Frühe Neuzeit
4. 19. Jahrhundert
5. 20. Jahrhundert
6. Literaturhinweise




2.) Mittelalter

Um 1000: Unabhängigkeitsbestrebungen der polnischen Kirche

Es verschärft sich die Konkurrenz zwischen der polnischen und deutschen Kirche um die Verwaltungshegemonie: Otto der Große[1] wollte in Magdeburg das Erzbistum des östlichen Abendlandes gründen. Die Entwicklung einer eigenständigen Kirche in Polen aber zerstörte diese Bestrebungen.

Im Jahre 968 wurde das Bistum Posen gegründet und zunächst dem Erzbistum Magdeburg unterstellt. Der polnische König Boleslaw I. Chrobry[2] ließ den von den Pruzzen an der Weichselmündung erschlagenen Missionar Adalbert von Prag[3] in Gnesen beisetzen. Da Kaiser Otto III diesem böhmischen Märtyrer eine besondere Verehrung entgegenbrachte, pilgerte er im Jahre 1000 zu dessen Grab nach Gnesen. Im selben Jahr wurde das Erzbistum Gnesen gegründet, dem ab 1002 Posen eingegliedert wird. Mit diesem Akt entstand eine eigenständige polnische von Deutschland abgetrennte Kirche.


1000-1300: Die Herausbildung politischer und militärischer Verbindungen zwischen Polen und Deutschen

Die polnische Dynastie der Piasten[4], die den ersten geschichtlichen Herrscher Polens (Herzog Mieszko[5]) gestellt hatte, bemüht sich erfolgreich um Verbindungen zu deutschen Adelsgeschlechtern. Daraufhin siedeln sich deutsche Bauern und Ritter im Norden des Landes und in Schlesien an.

Ab 1226 entwickeln sich die militärischen Verbindungen zwischen Polen und Deutschen sehr lebhaft. In den kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Pruzzen[6] bittet Herzog Konrad von Masowien[7] die deutschen Kreuzritter um Hilfe. Damit ist ein wichtiger Schritt zur Etablierung der Hegemonie des Deutschen Ordens[8] in Polen getan.

Zwischen 1200 und 1400 dringen aus Asien mongolisch-tatarische Heere nach Westen vor. Sie besetzen große Teile Russlands und versuchen, auch gegen Europa anzustürmen. Polnisch-deutsche Militärverbindungen tragen zum Zurückdrängen der Mongolen bei.

Die Folge der kriegerischen Auseinandersetzung eines polnisch-deutschen Heeres mit den Mongolen bei Liegnitz (Legnica) im Jahre 1241 sind der Beginn von Zerfallserscheinungen im Herrschaftsbereich der Mongolen.


1300-1500: Zunehmende Auseinandersetzungen zwischen Polen und dem Deutschen Ritterorden

Der deutsche Orden kann beträchtliche Landgewinne in polnischen Gebieten verzeichnen.

Die Pomerellen, das Kulmer Land und die Michelau fallen an den Orden.

Der polnische König Kazimierz III[9]. verzichtet auf territoriale Ansprüche im Westen und expandiert nach Osten. Im 15. Jahrhundert gelingt es den Polen zunächst den Einfluss des deutschen Ritterordens zurückzudrängen. Im Jahre 1410 siegen bei der Schlacht von Tannenberg (polnisch Grundwald) Polen und Litauer über den Deutschen Orden. Als sich im Jahre 1454 die Stände Preußens gegen den Deutschen Orden erheben, wird die Landherrschaft schließlich an den polnischen König übertragen. Es entwickeln sich allerdings territoriale Auseinandersetzungen zwischen Polen und Preußen. Der Zweite Thorner Frieden lässt schließlich Danzig, die Pomerellen, Kulm, das Ermland, Marienburg und Elbig an Preußen fallen.



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[1] Otto der Große (eigentlich Otto I) (912-973) ist von 962-973 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Otto wirft Aufstände der Herzöge gegen sich nieder und ordnete das Reich neu. Durch eine geschickte Erbfolgepolitik stehen schließlich alle Herzogtümer im Reich in enger dynastischer Verbindung zum Kaiser. Otto gelingt es, die Grenzen des Reiches sowohl zu sichern, als auch sein Herrschaftsgebiet erheblich auszudehnen.

[2] Boleslaw I. Chrobry (um 966 bis 1025) wird erster König Polens. Er führt die Expansions- und Einigungspolitik seiner Vorgänger weiter. Er unterwirft Schlesien, Kleinpolen und Pommern.

[3] Der heilige Adalbert von Prag (um 956 bis 997) war Bischof und Patron Polens. Nach seiner theologischen Ausbildung an der Domschule zu Magdeburg erfolgt 983 seine Ernennung zum Bischof von Prag. Nach dem Scheitern seiner Missionsbestrebungen in Böhmen, begibt er sich nach Rom. Im Auftrag des Königs Boleslaw I. kommt Adalbert 997 als Missionar nach Polen, wo er noch im selben Jahr von heidnischen Pruzzen (Preußen) getötet wird. Boleslaw lässt seine Gebeine daraufhin in Gnesen bestatten. Adalbert wird im Jahr 999 heilig gesprochen.

[4] Die Piasten stellen das erste polnische Herrscherhaus. Es wird im 9. Jahrhundert begründet und stellt mit Herzog Mieszko ab etwa 960 den ersten Herzog von Polen.

[5] Mieszko I. ist seit etwa 960 der erste Herzog Polens. Er ist der erste historisch belegbare Herrscher über das Siedlungsgebiet der Polanen um Posen und Gnesen. Er schafft während seiner Regierungszeit die organisatorischen Grundlagen für eine Monarchie in Polen. Im Jahre 990 unterstellt Mieszko sein Land dem Heiligen Stuhl. Er stirbt 992.

[6] Bei den Pruzzen (auch Prußen oder Preußen) handelt es sich ursprünglich um baltische Stämme, die in dem Gebiet zwischen Memel und unterer Weichsel ihre Siedlungsgebiete hatten. Es sind zunächst vor allem freie Bauern, die sich in kleineren Stammesverbänden organisieren. Ihre Christianisierung beginnt relativ spät mit der Unterwerfung durch den Deutschen Orden. Im Zuge der Ostkolonialisation durch den Deutschen Orden kommen deutsche Siedler in das Land der Pruzzen. Im 15. Jahrhundert setzt dann eine Verschmelzung der zugewanderten Deutschen mit den ansässigen Pruzzen ein. Die Bezeichnung Preußen geht schließlich nach und nach auf alle Bewohner des Gebiets zwischen Memel und unterer Weichsel, sowie auf das Gebiet der Preußen selbst über.

[7] Konrad von Masowien (1187-1247) erhält im Jahre 1199 die vorläufige herzogliche Gewalt über Masowien und Kujawien. Im Laufe seines Lebens kommen noch andere Gebiete hinzu. Konrad bemüht sich vor allem um den inneren Landesausbau und die Anknüpfung an die hochmittelalterliche deutsche Ostsiedlungsbewegung.

[8] Der Deutsche Orden (auch Deutschritterorden, Deutschherrenorden, Kreuzritterorden) ist ein im Jahre 1190 während der Belagerung von Akko im Rahmen des 3. Kreuzzuges von Bremer und Lübecker Kaufleuten gegründeter Krankenpflegerorden. Im Jahre 1199 wird dieser in einen geistlichen Ritterorden mit Sitz in Akko umgewandelt. Das Zentrum der Ordensaktivitäten verlagert sich bereits im 13. Jahrhundert vom Heiligen Land ins Baltikum. Kaiser Friedrich II. ermächtigt den Orden 1226 in der Goldbulle von Rimini die Heiden des Nordens zu bekehren und selbst in den eroberten Gebieten zu herrschen. Es wird so die Grundlage für den Deutschordensstaat geschaffen. Schließlich wird der Ordensstatt zu einer bedeutenden Wirtschaftsmacht im Ostseeraum. Nach Abschluss der Christianisierung des Baltikums gerät der Orden zunehmend in Gegensatz zu Polen, das durch eine Personalunion mit Litauen verbunden ist. In Litauen konnte der Orden nie Fuß fassen.

Im Jahre 1809 wird der Orden durch Napoleon aufgelöst. Er wird 1834 in Österreich als „Hoch- und Deutschmeisterorden“ wiedergegründet. Im Mittelpunkt steht nun die Wohltätigkeitsarbeit. Von 1938 bis 1945 wird der Orden verboten. Nach 1945 wird er in Österreich und der Bundesrepublik wiederbelebt.

[9] Kazimierz III (der Große) (1310-1370) herrscht von 1333 bis 1370 als König von Polen. Er ist gleichzeitig der letzte und bedeutendste Herrscher der Piasten-Dynastie. Er stärkt durch Anwerbung deutscher Siedler, die Förderung von Städtegründungen und die erstmalige Kodifizierung des polnischen Rechts die Wirtschaft und Verwaltung Polens.



  

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